In der Diskussion über die Bedeutung der Rationalität und Religiosität in den religiösen Lehren und Geboten gelangt man zu dem Ergebnis, dass selbst die Anbetung, die eine verborgene Identität hat, rational akzeptiert und praktiziert werden soll, denn Religiosität basiert auf rationaler Argumentation. Aus islamischer Sicht sind die Hauptelemente des Lebens das Bewusstsein und die Erkenntnis. Was im Bereich der Erkenntnis wichtig und gültig ist, sind die rationalen Erkenntnisse, und alle Bereiche des menschlichen Lebens sollen eine rationale Rechtfertigung aufweisen. Zusammenfassend gesagt besteht das Konzept in einem besseren Leben, von dem auch im Qur’an die Rede ist, dem „hayat Ôayyebe“, einem reinen und rationalen Leben.

Zweifellos wird ein wichtiger Teil des Lebens in der direkten Beziehung mit dem Schöpfer und Seiner Anbetung geformt. Das ist der religiöse Aspekt des Lebens, der jedoch auf einer gewissen rationalen Rechtfertigung basiert. Religiosität an sich beansprucht keinen Erkenntniswert, sondern definiert ihren Wert aus ihrer Grundlage der Rationalität und rationalen Erkenntnis. Wenn wir von der Expertise und Wahrhaftigkeit eines Arztes Kenntnis haben, werden wir seine Empfehlungen akzeptieren, und diese Art der Akzeptanz basiert auf einer gewissen Rationalität.

Die Rolle der Vernunft im Bereich der gesellschaftlichen Beziehungen

Wenn wir über den Bereich der Religiosität und Anbetung hinausgehen, so finden wir in anderen Bereichen der menschlichen und gesellschaftlichen Beziehungen bestimmte Maßstäbe und Bezüge vor, die der Mensch mittels seiner Vernunft und seines Verstandes verstehen und unterscheiden kann. D. h. die Ratio kann entweder aus sich oder mittels einiger in der Religion und göttlichen Offenbarungen enthaltenen Zeichen und Merkmale das Schlechte vom Guten unterscheiden und sich für die Kenntnis und Wahl des Besseren entscheiden. In solchen Fällen, in denen die Ratio die Möglichkeit hat, eine auf Erkenntnis gründende endgültige Entscheidung zu treffen, wird die Religion niemals ein bestimmtes Gebot haben, das diesem widerspricht. Tatsächlich hat die Religion viele Bereiche des gesellschaftlichen Lebens der menschlichen Ratio überlassen und bestätigt und unterschreibt die rationale Entscheidung. Prinzipiell sind die islamischen Gebote in zwei Kategorien unterteilbar, nämlich erstens begründete Gebote und zweitens gebilligte Gebote.

Begründete Gebote sind jene, die seitens des Propheten und der göttlichen Offenbarung begründet werden und ihre Legitimation durch die Offenbarung erlangen. Viele religiöse Zeremonien und Rituale gehören zu dieser Kategorie. Die religiösen Pflichten und alles, was zur Scharia gehört, sind begründete Gebote.

Im Unterschied dazu sind die gebilligten oder bestätigten Gebote jene Vorschriften, deren Gründe und Erklärungen nicht in der Religion und göttlichen Offenbarung liegen, sondern mit einer Vielzahl von Erkenntnissen und rationalen Lehren und Traditionen rational gerechtfertigt werden, d. h. die Menschen haben aufgrund ihrer Erkenntnisse diese Gebote gerechtfertigt und tun dies noch immer. Der Islam bestätigt diese rationalen und traditionellen Strukturen und menschlichen Ziele, weil sie mit den Geboten konform gehen. Zuweilen erfolgt diese Bestätigung nach einigen Korrekturen, worauf ich im weiteren Verlauf dieses Textes noch eingehen werde.

Eines der wichtigsten und besonderen Merkmale des Islam, dem viele Menschen besondere Achtung schenken, ist sei-ne gesellschaftliche Dimension, die für manche Anlass zu Begeisterung und für andere zu Kritik ist. Zweifellos ist der Islam eine gesellschaftliche Religion, die der Rolle und Art und Weise der Präsenz des Individuums in der Gesellschaft und seiner Funktion Achtung schenkt. Der Islam betont, dass ein religiöser Mensch in seinem gesellschaftlichen Leben im Umgang mit Anderen ein gutes und akzeptables Benehmen haben soll. Wir müssen jedoch zugeben, dass die islamische Gesellschaftstheorie den Nichtmuslimen, der westlichen Welt und sogar manchen Muslimen nicht in aller Richtigkeit und Deutlichkeit erklärt und interpretiert wurde. Man sollte auch nicht erwarten, dieses Ziel im Rahmen einer solchen begrenzten Möglichkeit verfolgen zu können, aber ich werde mich bemühen, dieses Thema kurz zu behandeln.

Zunächst ist es notwendig, die individuelle und die gesellschaftliche Tat zu definieren. Solange der Maßstab der individuellen Tat und der Unterschied zur gesellschaftlichen Tat nicht klar und deutlich sind, können wir nicht verstehen, was mit gesellschaftlichem Islam und mit islamischer Gesellschaft gemeint ist. Der beste und genaueste Maßstab für die Unterscheidung und Trennung der individuellen von der gesellschaftlichen Tat ist das Gemeinwohl. Jedes Verhalten und jede Tat, die Bezug zum gesellschaftlichen Gemeinwohl aufweist, wird als gesellschaftliche Tat bezeichnet, und jedes Verhalten, das sich auf den Nutzen für das Individuum bezieht, gilt als individuelle Tat.

Weil die Bestimmung des Nutzens jedem selbst überlassen ist, und kein anderer das Recht hat, sich an diesem Prozess zu beteiligen, ist die Entscheidung über die individuelle Tat allein das Recht des Individuums, und jede Art von Beteiligung an der Entscheidung käme einer Einschränkung des Rechts des Individuums gleich. Deshalb haben wir für die individuelle Tat viele Beispiele, die wir nicht auf das reduzieren können, was wir in der Regel als Privatleben be-zeichnen, sondern es umfasst auch Verhaltensweisen, die das Individuum im Rahmen der Gesellschaft tut, wie beispielsweise die Partizipation an Wahlen. Aber auch wenn dieses Recht in der Gesellschaft wahrgenommen wird, kann man die Teilnahme an Wahlen nicht als eine rein gesellschaftliche Tat bezeichnen. Normalerweise besteht der individuelle Maßstab bei Wahlen in der persönlichen Zweckmäßigkeit, d. h. das Individuum berücksichtigt dabei seine eigenen Vorteile und wird dem seine Stimme geben, der seine Vorteile sichert. Nun sollen wir sehen, worin das Individuum seine Vorteile sieht und inwieweit gesellschaftliche, religiöse, tribalistische und nationale Faktoren und Absichten auf seine Definition von Zweckmäßigkeit einwirken bzw. ob sie für seine Wahlentscheidung bedeutungslos sind. An Wahlen zu partizipieren manifestiert sich in der Gesellschaft, in der Gemeinschaft mit anderen Menschen, hat aber dennoch ein individuelles Wesen, wie man z. B. auch seinen Beruf oder seinen Ehegatten wählt oder wie man sich bekleidet. Alle diese Dinge haben ein gemeinsames Wesen, obwohl der Mensch selbst die freie Entscheidung hat, und natürlich wird er sich zugunsten seiner Vorteile entscheiden, was sie letztlich als individuelle Taten kennzeichnet.

Deshalb kann man das individuelle Handeln in zwei Teile aufteilen, nämlich erstens Taten, die im Rahmen des individuellen Privatlebens stattfinden, wie z. B. essen, schlafen, Freundschaft mit jemandem pflegen, die Wahl des Ehegatten, die Beziehung zum Ehegatten, zu den Kindern und anderen Verwandten usw., und zweitens Taten, die im gesellschaftlichen Rahmen stattfinden, wie z. B. das passive und aktive Wahlrecht, Bekleidung, Arbeit und jedes Engagement, das allein auf das Individuum bezogen ist. Wenn also eine individuelle Tat in der Gesellschaft geschieht, ist das kein Argument dafür, dass es eine gesellschaftliche Tat ist, wie bereits erklärt wurde. Aber vielleicht kann man sagen, dass es einen wichtigen Unterschied zwischen diesen beiden Arten des individuellen Handelns gibt. Wenngleich in bei-den Fällen das Recht und die Freiheit des Individuums betroffen sind, ist im zweiten Fall, also bei den Handlungen, die in der Gesellschaft stattfinden, das gesellschaftliche Gemeinwohl involviert. Bei derartigen Fällen sollte das Individuum bei seinen Entscheidungen nicht das gesellschaftliche Gemeinwohl oder andere gesellschaftliche Gesetze verletzten. Klar ausgedrückt heißt das: Obwohl das Individuum hinsichtlich der Taten und Entscheidungen, die rein auf es selbst bezogen sind, nicht verpflichtet ist, das gesellschaftliche Gemeinwohl und die Vorteile der anderen zu berücksichtigen, ist es aber verpflichtet, bei der Wahrung seiner eigenen Vorteile nicht zu übertreiben und das gesellschaftliche Gemeinwohl und die Vorteile der anderen nicht zu beeinträchtigen.

Handeln auf gesellschaftlicher Ebene

Neben der individuellen Tat gibt es die gesellschaftliche Tat, deren Entscheidungsmaßstab das Gemeinwohl der gesamten Gesellschaft ist. Gemäß dieser Definition sind Herrschaft und Regieren, die das Schicksal der gesamten Gesell-schaft betreffen, eine gesellschaftliche Tat, bei der man niemals den reinen Nutzen und Vorteil des Individuums berücksichtigen kann, selbst wenn dieses Individuum Politiker und Staatsmann wäre mit der Pflicht, zu regieren und politische Entscheidungen zu treffen. Das Zivilrecht und alle Gesetze und gesellschaftlichen Bedingungen einer jeden Gesellschaft gehören dem Bereich des gesellschaftlichen Handelns an, ausgenommen der Bereich, der sich mit der Interpretation der Rechte des Individuums beschäftigt. Die Absicht und der Hauptgrund, warum diese Dinge als ungültig bzw. als gesetzlich erklärt werden, sind die Sicherung des gesellschaftlichen Gemeinwohls und der Nutzen aller Individuen. Alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens wie z. B. Politik und Wirtschaft gehören zum Bereich des gesellschaftlichen Handelns.

Die unterschiedlichen Formen des menschlichen Verhaltens

Aus dem bisher Gesagten wurde deutlich, dass wir es grundsätzlich mit drei unterschiedlichen menschlichen Verhaltensweisen zu tun haben:

1. Individuelles Verhalten im privaten Bereich.

2. Individuelles Verhalten im gesellschaftlichen Leben.

3. Gesellschaftliches Verhalten, was alle Bereiche des soziopolitischen Lebens in der Gesellschaft umfasst.

Nun wollen wir feststellen, was die Ansicht des Islam über jede dieser drei Verhaltensweisen ist oder anders gefragt: Was will der Islam, und welche Wirkung will er auf diese drei unterschiedlichen Verhaltensweisen haben?

Ein Großteil von dem, was wir zu den religiösen Pflichten und der Scharia zählen, bezieht sich auf die zwei Bereiche des individuellen Handels der religiösen und gläubigen Menschen. Manche von diesen Pflichten und Gesetzen beziehen sich auf das Privatleben des Menschen, wie z. B. das Fasten, die Gesetze über Essen und Trinken, die Wahl des Ehegatten und dergleichen, wieder andere wie z. B. die Zeremonien der Pilgerfahrt, das Verbot von Wucherei und Bestechung, die Bekleidungsvorschriften für Frauen und Männer oder das Freitagsgebet sind Zeremonien und individuelle Taten, die im Rahmen der Gesellschaft stattfinden. Aber wie bereits erklärt wurde, sind dies gänzlich individuelle Angelegenheiten, die von der Entscheidung und dem Willen des Individuums abhängig sind. Andere religiöse Pflichten können im Rahmen der Gesellschaft und auch vollkommen im privaten Bereich erfüllt werden, wie z. B. die täglichen rituellen Gebete, die man in der Gemeinschaft oder auch allein zu Hause verrichten kann.

Letztlich muss man beachten, dass begründete Gebote im Islam, die man als Scharia und religiöse Pflichten bezeichnet, nicht alle Dimensionen des individuellen Lebens der gläubigen und religiösen Menschen umfassen, sondern der Islam hat einen großen Bereich des individuellen Lebens, der sich auf die Beziehungen des Individuums mit Anderen im Bereich der Familie und Gesellschaft bezieht, die auf menschlichen und moralischen Werten basieren, betont und unterschrieben, wie der Prophet des Islam mit aller Deutlichkeit gesagt hat: „Ich wurde entsandt, damit ich die moralischen Schönheiten und Weisheiten verbreite.“

Sich der Lüge zu enthalten, die Betonung von Freundlichkeit und Freundschaft zu anderen, Solidarität, Hilfsbereit-schaft, Opferbereitschaft und der Lösung der Probleme der Anderen den Vorzug zu geben vor der Lösung der eigenen Probleme, sich der Unterdrückung und der Vernachlässigung der Rechte der Anderen zu enthalten, wenn sie auch unsere Feinde sind, die Verantwortung gegenüber Verträgen und Vereinbarungen, die Berücksichtigung der Rechte der Tiere und dass man sie nicht quält, den Schutz der Umwelt und natürlichen Quellen, die angemessene Nutzung von Allgemeingut und die Berücksichtigung der Rechte und des Anteils der anderen Individuen der Gesellschaft bei der Nutzung dieses Allgemeinguts, die Achtung gegenüber Älteren, insbesondere den Eltern, gutes Benehmen und Freundlichkeit gegenüber jungen Menschen, und Hunderte oder Tausende solcher kleinen und großen moralischen Lehren, die das rationale menschliche Urteil gutheißt und an deren Richtigkeit es keinen Zweifel gibt, dies alles sind Gesetze und islamische Lehren und Werte, zu denen der Islam seine Anhänger und alle Menschen einlädt, und die heiligen islamischen Quellen erklären und interpretieren diese Gesetze und Lehren.

Aber im Bereich des gesellschaftlichen Handelns sind begründete islamische Gesetze quantitativ gering und begrenzt. In den meisten Bereichen des gesellschaftlichen Lebens werden die islamischen Gebote bestätigt und unterschrieben, und in diesem Bereich ist es für den Islam sehr wichtig, dass die Berücksichtigung der Moral und gesellschaftlichen Gerechtigkeit auf Rationalität basieren. Jeder Brauch und jedes Gesetz, das so etwas bestätigt, wird genau mit diesem Maßstab gebilligt und bestätigt.

Die Berücksichtigung der gesellschaftlichen Verträge und Vereinbarungen sind weitere Grundprinzipien, die im Be-reich der gesellschaftlichen Beziehungen äußerst wichtig sind und betont werden. Aus der Sicht der islamischen Scharia akzeptiert jedes Individuum mit seinem Eintritt in die Gesellschaft und der Möglichkeit der gesetzlichen Nutzung dessen, was die Gesellschaft für ihn vorgesehen hat, automatisch einen Vertrag und eine Vereinbarung. Daraus resultiert seine Verpflichtung, die Vorschriften, Gesetze und Bedingungen dieser Gesellschaft zu berücksichtigen, und jede Art von Weigerung wäre ein Zeichen der Untreue gegenüber diesen Gesetzen und Vereinbarungen, was gemäß den existenten Gesetzen in jeder Gesellschaft mit Sanktionen belegt wird. Aus islamischer Sicht stellt es eine Sünde dar und wirkt auch auf das Jenseits, womit sich ein Teil des islamischen Rechts und der islamischen Scharia beschäftigt. Deshalb bestätigt der Islam Bräuche. rationale Strukturen, Gesetze und Vorschriften der verschiedenen Gesellschaften und gesellschaftlichen Verträge, und bewahrt diesen Dingen gegenüber kein Stillschweigen und keine Gleichgültigkeit, sondern er verlangt von seinen Anhängern, dass sie diese Bedingungen und Gesetze genau so wie die Gesetze der ers-ten Kategorie, würdigen und treu und verantwortlich zu ihnen stehen.

Wir haben erwähnt, dass der Islam im Bereich der Beziehungen und gesellschaftlichen Entscheidungen Bräuche und rationale Methoden grundsätzlich bestätigt und betont. Es gibt jedoch einige begründete Gesetze, wie z. B. manche Strafgesetze, und hier stellt sich die Frage, ob im Hinblick auf diese begründeten Gesetze der Islam von seinen Anhängern verlangt, diese Gesetze in der Gesellschaft zu praktizieren oder nicht? Sind die Muslime verpflichtet, die islamische Scharia in dieser Gesellschaft, in der sie leben, zu praktizieren oder nicht?

Gesellschaftliche Verantwortung

Es wurde gesagt, dass ein Großteil der gesellschaftlichen Gebote des Islam keine begründeten, sondern gebilligte Gebote sind und dass der Islam in diesem Bereich die Prinzipien der Ethik und Gerechtigkeit hervorhebt. Zu den begründeten gesellschaftlichen Geboten und Lehren im Islam, die auf der Offenbarung basieren und zu deren Berücksichtigung die Muslime in ihrem gesellschaftlichen Leben verpflichtet sind, gehören auch einige Strafgesetze, d. h. die Strafen, die die Scharia für bestimmte Taten vorsieht. Die Frage lautet nun, ob der Islam von seinen Anhängern verlangt, dass sie diese Vorschriften in ihrem gesellschaftlichen Leben praktizieren? D. h., sind die Muslime, so wie sie zur Verrichtung der Gebete oder der Durchführung anderer religiöser Vorschriften verpflichtet sind, auch verpflichtet, die Scharia in der Gesellschaft, in der sie leben, zu praktizieren? Die klare und deutliche Antwort auf diese Frage lautet: Nein! Der Grund dafür ist, dass diese Gruppe von gesellschaftlichen Geboten des Islam aufgrund der Unterteilung die wir in der letzten Ansprache aufgezeigt haben, zu den gesellschaftlichen Taten und folglich nicht zu den Pflichten und Aufgaben des Muslims als Individuum gehört. Aus islamischer Sicht ist jeder Muslim verpflichtet, die Scharia einzig und allein in seinem Privatleben zu berücksichtigen. Deshalb wird die Scharia nur das, was wir als individuelle Tat bezeichnet haben, beeinflussen und bestimmen.

Wenn die Scharia aber hinsichtlich gesellschaftlicher Taten Lehren und Gebote bestimmt hat, wird kein muslimisches Individuum zur Verpflichtung dieser Gebote und Lehren verpflichtet. Grundsätzlich werden diese Lehren und Gebote genau wie andere Theorien oder gesellschaftliche Rechtsvorstellungen dargestellt, damit die Gesellschaft darüber urteilt und entscheidet und im Rahmen eines vollkommen demokratischen Prozess die Möglichkeit hat, sie im gesellschaftlichen Leben zu manifestieren. So wurden z. B. bei der Bestrafung und islamischen Rechtsprechung für Diebstahl bestimmte Gebote und Strafen erörtert, oder für das Richteramt bestimmte Voraussetzungen festgelegt, die auf einer bestimmten Philosophie, Rechtsanschauung und besonderen juristischen Struktur basieren, die mit anderen philosophischen und theoretischen Rechtsprechungen der menschlichen Gesellschaft zum Vergleich angeboten werden. Und wenn eine Gesellschaft sich aufgrund ihres Bewusstseins für die Gesamtheit oder einen Teil dieser Vorschläge oder Theorien entscheidet und sie in einem vollkommen demokratischen Prozess akzeptiert und annimmt, werden diese selbstverständlich in das Rechtssprechungssystem integriert. Selbstverständlich wird dies nur in einer islamischen Gesellschaft, in der die Mehrheit der Menschen Muslime sind, möglich sein. Aber auch eine nichtmuslimische Gesell-schaft sollte diese Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass sie von einem Teil dieser Theorien und Lehren im Rahmen ihrer eigenen Gesetzgebung Gebrauch macht, wie z. B. auch die Rechtsprechung von manchen europäischen Ländern die Gesetzgebung vieler islamischer Länder beeinflusst hat.

Deshalb sind die speziellen gesellschaftlichen Gesetze wie z. B. das Strafgesetz niemals Befehle und Bestimmungen, zu deren Praktizierung in der Gesellschaft das muslimische Individuum verpflichtet ist. Vielmehr steht aus islamischer Sicht jedes Bemühen und Engagement eines Einzelnen, diese Theorien und Lehren in einer Gesellschaft, auch wenn es sich um eine islamische Gesellschaft mit mehrheitlich Muslimen handelt, zu praktizieren, ohne Zweifel im Widerspruch zur Scharia und den Geboten. Folglich gilt derjenige, der so etwas tut, als Straftäter, der eine Sünde begangen hat und vor Gott für seine Schuld verantwortlich ist.

Jede Theorie, auch wenn sie den höchsten Grad an Richtigkeit und Wahrheit besitzt, wie z. B. die göttlichen Lehren der Propheten, die aus der Sicht ihrer Anhänger die vollkommene Wahrheit und Richtigkeit haben, kann grundsätzlich nur dann Teil des gesellschaftlichen Lebens der Menschen werden und als Grundprinzip der gesellschaftlichen Ordnung und des Zivilrechts berücksichtigt werden, wenn sie in Form eines Gesellschaftsvertrages von der Gesellschaft angenommen und akzeptiert wurde. Niemand hat das Recht, mit der Argumentation, dass seien die Scharia und Religion, anderen etwas aufzuzwingen. Kein religiöser und frommer Mensch steht über den göttlichen Propheten. Kein Muslim, gleich welchen Grad von Glauben er hat, steht über dem Propheten des Islam (as), und kein Christ oder Jude, egal wie gläubig er ist, steht über Jesus (as) oder Mose (as). Diesen großen Propheten wurde von göttlicher Seite nicht das Recht zugestanden, den Menschen und der Gesellschaft die Offenbarung und Einladung zum Glauben aufzuzwingen, und wenn jeder dieser großartigen Menschen heute gegenwärtig wäre, würde er seine gesellschaftliche Lehre anbieten. Auch wenn alle religiösen Menschen und Anhänger seine Sicht annehmen und daran glauben würden, weil es eine göttliche Sicht ist, hat dennoch kein Mensch – sei er auch noch so gläubig – das Recht, diese Sicht in der Gesellschaft zu praktizieren und sie anderen aufzuzwingen, solange diese Theorie nicht in einem demokratischen und traditionellen Prozess akzeptiert und zum Gesetz bestimmt wurde.

Was in der Gesellschaft herrscht, was alle berücksichtigen und woran sich alle halten müssen, ist das Gesetz. Niemals ist ein religiöser Mensch verpflichtet, die Scharia gegen das Gesetz zu tauschen, weil die Scharia selbst dies nicht er-laubt. Es ist durchaus möglich, dass die Menschen einer Gesellschaft, die zwar Muslime sind und an die Wahrheit des Propheten des Islam glauben, dennoch aus irgendeinem Grund kein Interesse an der Berücksichtigung der Scharia in irgendeinem Bereich ihrer gesellschaftlichen Beziehungen und ihres Zivilrechts haben, und das ist eine Sache, die sie und Gott betrifft. Aber Gott hat niemandem erlaubt, diese Menschen zu zwingen, die Scharia zu akzeptieren, zu be-rücksichtigen oder zu praktizieren. Ein solches Verhalten ist zweifellos unislamisch, unmenschlich und gilt als große Sünde.

Obwohl der Islam die Berücksichtigung der Ethik und Gerechtigkeit in den gesellschaftlichen Beziehungen betont und die Familie für sehr wichtig hält, kann man dennoch mit dem, was heutzutage als Fundamentalismus und Islamismus bezeichnet wird, nicht einverstanden sein. Man muss jedoch festhalten, dass heutzutage viele unklare Begriffe benutzt werden, denen keine klare und eindeutige Definition und Bedeutung zugeschrieben wurde. Wenn mit Fundamentalis-mus die Bindung an die religiöse Identität und die Grundprinzipien der islamischen Gedanken gemeint ist, dann ist zweifellos jeder Muslim ein Fundamentalist. Genauso ist jeder Christ und jeder Jude oder jeder andere Mensch, der an eine bestimmte Lehre oder Philosophie glaubt, ein Fundamentalist, und in diesem Sinne müssten die Säkularisten, die die Grundprinzipien des Säkularismus betonen, zuallererst als Fundamentalisten angesehen werden.

Es scheint jedoch, dass der Begriff Fundamentalismus gegenwärtig nicht in diesem Sinne gebraucht wird, sondern der Fundamentalismus als eine inakzeptable, falsche, irrationale und dogmatische Form des Festhaltens an Tradition und religiösen Zeremonien verstanden wird. Um es deutlich zu sagen: Jeder, der sich bemüht, seinen Glauben und seine Überzeugungen, egal was das ist, auch wenn dieser Glaube die Botschaft der Offenbarung und die göttliche Botschaft ist, seinen Mitmenschen und der Gesellschaft aufzuzwingen und die demokratische Struktur und gesellschaftliche Ord-nung zu stören, d. h. durch Anwendung von undemokratischen Methoden und Gewalt seine Meinung und seinen Glau-ben der Gesellschaft aufzuzwingen, ein solcher Mensch ist ein Fundamentalist. Gemäß dieser Definition ist der Funda-mentalismus ein irrationales und unmenschliches Phänomen und weist nicht das geringste Maß an Vereinbarkeit mit dem Islam oder einer anderen göttlichen Religion auf, auch wenn solche Fundamentalisten sich selbst als Muslim und die Islamisierung als ihr Ziel bezeichnen.

Intensivere Überlegungen zum Fundamentalismus und Islamismus

Aus verschiedenen Freitagsansprachen ist sehr deutlich hervorgegangen, dass der Rationalität nichts vorzuziehen ist. Die göttlichen Religionen werden mit all ihrer Bedeutung und Wahrheit der Vernunft angeboten, und solange die Grundsätze dieser Religionen für die Ratio nicht verständlich sind, können sie nicht als Beweis und Wahrheit angesehen werden. Unter Berücksichtung dieses Punktes können wir eine genauere Definition vom Fundamentalismus geben: Ein Fundamentalist ist derjenige, der seine Ideologie und Meinung über die Vernunft stellt. Aus der Bevorzugung der Ideologie und des Glaubens über die Vernunft und das Nachdenken resultiert die Tatsache, dass der Mensch seine Vernunft durch Glauben und Traditionen ersetzt, anstatt die Vernunft zum Maßstab seines Urteils zu machen.

Es ist durchaus möglich, dass am Anfang diese Ersetzung einfach und oberflächlich geschieht, aber das Ersetzen der Ratio durch Tradition und Ideologie verursacht die Bildung eines Phänomens und eines Schadens, den ich als „Verideologisierung“ und „Vertraditionalisierung“ bezeichne. Mit diesen zwei Begriffen ist kein Handeln gemeint, das auf Tradition und Ideologie beruht, sondern damit ist gemeint, dass der Mensch so sehr in die Gefangenschaft seines Glaubens und seiner Traditionen tritt, dass er keine Kritik an seiner Meinung akzeptiert, sondern seine Meinung als Maßstab für die Richtigkeit und die Wirklichkeit von etwas Anderem ansieht, und dass er für sich daraus das Recht ableitet, seinen Glauben und seine Traditionen anderen aufzuzwingen und andere dazu zu nötigen, seinem Handeln zu folgen. Deshalb kann man den Absolutheitsanspruch als wichtigste Auswirkung der „Ver-ideologisierung“ bezeichnen. Der Absolutheitsanspruch ist auch ein Hauptelement des Faschismus und der Diktaturen. In unserer Zeit sind der Kommunismus und Nazismus deutliche Zeichen einer solchen Verideologisierung. Die Rechtfertigung der Gewalt und der Verbrechen, die nazistische und kommunistische Führer begangen haben, resultierte aus der Vorstellung, ihre Überzeugungen und ihr Glaube seien vorzuziehen und überlegen; jede rationale Kritik wurde abgelehnt, und normaler-weise sehen solche Menschen für sich eine weltliche Mission, und sie denken, sie haben die Pflicht, sie müssten die an-deren Menschen wie sich selbst machen. Al-Qaida und die Taliban sind gute Beispiele für diese krankhafte Verideologisierung.

Der Islam ist gegen jede Art von Fundamentalismus, den wir hier dargestellt haben. Eine der grundlegenden islamischen Pflichten ist die Verneinung eines solchen Fundamentalismus, d. h. absolutistisch zu denken und den Glauben und die Traditionen der Ratio und dem Nachdenken vorzuziehen, wird von islamischer Seite nachdrücklich verneint, und der Islam distanziert sich davon, selbst wenn dieser Glauben und diese Traditionen sich auf den Islam beziehen. Deshalb wird der Islamismus in dem Sinne, dass jemand seinen islamischen Glauben gegenüber seiner Vernunft bevor-zugt und ihn als so absolut sieht, dass Vernunft und Verstand ignoriert und nicht berücksichtigt werden, und er seine Meinung und seinen Glauben den anderen aufzwingen will, vom Islam verurteilt, und diese Art des Islamismus unter-scheidet sich insofern nicht vom Kommunismus und Nazismus, da ihnen die Ignoranz der Ratio und der Absolutheits-anspruch gemeinsam sind. Wenn jemand die Ratio ignoriert und absolutistisch denkt, ist er von seinem Gedanken und Glauben begeistert und wird sich jede Art von Gewalt und Verbrechen erlauben.

Das Gesagte macht deutlich, dass Dogmatismus und Selbstbegeisterung nicht zu einem bestimmten Gedanken und Glauben gehören, und dass jeder Gedanke dem Dogmatismus und Fundamentalismus zum Opfer fallen kann. Mit anderen Worten: Der Fundamentalismus kann sich in verschiedenen Formen manifestieren, selbst in einer intellektuellen Form. Aber beim Fundamentalismus ist der Inhalt der Theorien und Ideologien nicht so wichtig, sondern von großer Bedeutung ist die Vermischung von Dogmatismus und Fanatismus, was Gewalt verursachen kann.

Ich sehe es hier als notwendig an, den Punkt zu erwähnen, dass Gewalt und Dogmatismus dem Geist der göttlichen Religionen fremd sind. Niemand kann behaupten, dass er religiös ist und gleichzeitig ein gewalttätiger Mensch sein. Diejenigen, die Ereignisse wie vom 07. Juli in London, dem 11. März in Madrid und dem 11. September in New York zu verantworten haben, verfügen nicht über die geringste Kenntnis von der Spiritualität der Religion bzw. der islamischen Lehre, und sie kennen die grundsätzliche Bedeutung von Menschlichkeit nicht. Wie könnte man akzeptieren, dass jemand im Namen der Religion Terror und Gewalt praktiziert? Niemals kann man so etwas akzeptieren, weil die göttliche Religion und insbesondere der Islam, Frieden und eine freundliche Botschaft überbringt und der Dienst für den Menschen die größte Anbetung ist. Aus islamischer Sicht gibt es nichts Verpflichtenderes als den Schutz des menschlichen Lebens, und das Engagement für den Schutz des Lebens einer Person ist dem Schutz des Lebens der ganzen Gesellschaft gleich.

Mit aller Deutlichkeit wird gesagt: wenn jemand einen Unschuldigen tötet, ist es genau so, als hätte er alle Menschen einer Gesellschaft getötet, und es ist dabei unbedeutend, welchen Glauben und welche Gedanken diese Person hat. Auch wenn diese Person uns feindlich gesinnt wäre oder eine vollkommen andere Meinung haben sollte als wir, so ist der Schutz ihres Lebens verpflichtend, und ihr einen Schaden zuzufügen wäre gleichbedeutend damit, allen Menschen einen Schaden zuzufügen. Diejenigen, die solche Terroranschläge durchführen, sind Mörder und Kriminelle, die man grundsätzlich nicht als Menschen bezeichnen kann. Ihr Ziel ist die Zerstörung der freundlichen Koexistenz der Anhänger der unterschiedlichen Religionen und der vorhandenen Integration in dieser Gesellschaft, und wir sind sicher, dass sie dieses schlimme und unmenschliche Ziel niemals erreichen werden.

Für welche Art von Gesellschaft trat der Prophet des Islam ein?

Über die Gerechtigkeit, als der wichtigsten islamischen Lehre und die Gerechtigkeit des Propheten des Islam wurde sehr viel gesprochen und geschrieben, und zuweilen wurde in übertriebener Manier und im Gegensatz zur Wirklichkeit die Gerechtigkeit sogar als die einzige Lehre des Islam und der Propheten bezeichnet.

Sicherlich ist die Gerechtigkeit im Sinne der Verpflichtung zu gleichen Rechten für alle Menschen in der Gesellschaft eine der wichtigsten und essentiellen Ideen, die der Islam nachdrücklich betont, was sich im Verhalten und Leben des Propheten manifestiert. Aber im rechtlichen und ethischen System des Islam, dessen Lehrer der Prophet ist, gibt es ein Wertprinzip, das noch ein wenig höher anzusiedeln ist als die Gerechtigkeit, und zwar das Prinzip des Gleichgewichts und der Harmonie. Wenn wir von der Natur des Gleichgewichts und der Harmonie in einem Phänomen sprechen, stellen wir sehr schnell fest, dass dieses Phänomen ein komplexes Wesen und vielfältige Dimensionen aufweist. Die Persönlichkeit des Menschen besteht aus einer Vielzahl von Eigenschaften und Vollkommenheiten. Der Mensch als eindimensionale Persönlichkeit ist unvorstellbar. Vielmehr ist ein vollkommener idealer Mensch derjenige, der eine Viel-falt an guten und vollkommenen Eigenschaften in sich birgt; und die alleinige Ursache dafür, dass das Individuum eine Vielfalt an menschlichen Vollkommenheiten und Schönheiten in sich vereint und verinnerlicht hat, ist das Prinzip des Gleichgewichts und der Harmonie.

Jede vortreffliche und gute Eigenschaft begrenzt und behindert die anderen vollkommenen Eigenschaften im Menschen und schmälert letztlich deren Schönheit, wenn sie die Verwirklichung anderer ausgezeichneter Eigenschaften verhindert. Deshalb wird die Schönheit einer jeden guten Tat und Eigenschaft genau in dem Moment verwirklicht, in dem sie mit der Gesamtheit harmoniert. Dies ist vergleichbar mit einem schönen Gemälde, dessen Schönheit letztlich auf der stilvollen Benutzung der Farbenvielfalt basiert. Dies entspricht genau dem Prinzip des Gleichgewichts und der Harmonie, das der Islam in einem rechtlichen und ethischen Prozess besonders beachtet. Aus islamischer Sicht steht die Schönheit und Vollkommenheit einer jeden Sache im Zusammenhang mit dem Gleichgewicht und der Harmonie, und dies trifft z. B. auch auf das Individuum und die Gesellschaft zu. Gleichgewicht impliziert ein ausgeglichenes Maß an allen angenehmen und guten Elementen.

Gerechtigkeit als Wert und gesellschaftliches Phänomen ist eine der guten Eigenschaften, zu der man verpflichtet ist, und die bei der Bildung der Persönlichkeit des idealen Menschen wirksam ist. Aber das ist nicht die einzige Eigenschaft oder der alleinige Vorzug des Menschen. Wichtiger als die Gerechtigkeit ist das Gleichgewicht, und weil diese beiden Begriffe in der arabischen Sprache die gleiche Wurzel haben und oft gemeinsam benutzt werden, wurden sie oft miteinander verwechselt.

Viele Betonungen auf das Gleichgewicht und die Berücksichtigung des Prinzips der Gerechtigkeit in der islamischen Lehre gründen in einer Interpretation der Gerechtigkeit als einem rechtlichen, gesellschaftlichen Begriff. Wenn mit dem Begriff der Gerechtigkeit gemeint ist, dass in einem System als rechtliche und offizielle Verpflichtung die Berücksichtigung der Rechte der Menschen in der Gesellschaft betont wird, dann gewinnt die Schönheit und Vollkommenheit der Gerechtigkeit im Vergleich zu den anderen Schönheiten und Vollkommenheiten der menschlichen Persönlichkeit an Bedeutung. Aus diesem Grund besteht die besondere Kunst des idealen vollkommenen Menschen darin, dass er unter Berücksichtung der Verpflichtung zur Gerechtigkeit dies zur Grundlage seines Umgangs mit den anderen Menschen macht und folglich einen Schritt weiter geht und über die rechtlichen offiziellen Notwendigkeiten hinaussieht. Der Prophet des Islam hat als Absicht und wesentliche Philosophie seiner Mission die Verwirklichung der höchsten moralischen Werte und Eigenschaften und die Beseitigung der Mängel genannt: „Wahrlich, ich wurde entsandt, um die moralischen Schönheiten und Weisheiten zu vervollkommnen.“

Wenn wir bedenken, in welchem Maße sich die menschliche Gesellschaft vor 1500 Jahren Ungerechtigkeit und moralischer Dekadenz gegenübersah, können wir die besondere Bedeutung dieses Ausspruches besser verstehen. Der Prophet des Islam hat im Bereich der gesellschaftlichen Beziehungen die Berücksichtigung der Gerechtigkeit sehr hervorgehoben. Und wie bereits erwähnt bedeutet Gerechtigkeit einfach definiert, dass allen Menschen die gleichen Rechte gebühren. Natürlich stellt jede Beeinträchtigung der Rechte der anderen ein ungerechtes Verhalten dar, und der Prophet hat dieses Verhalten verneint. Wird das Recht eines Menschen beeinträchtigt, hat dieser das Recht, das gleiche zu tun. Das entspricht dem Verständnis von Gerechtigkeit.

Doch das war nicht die alleinige Botschaft des Propheten, sondern ist vielmehr ein allgemeines moralisches Prinzip; was er betont und als wichtigste Achse seiner Rechtleitung und seines Prophetentums geformt hat, war die Bekanntmachung und Verbreitung der Freundlichkeit. Im Qur’an, dessen Botschafter der Prophet des Islam ist, wird sehr deutlich gesagt, dass die Menschen das Böse mit dem Guten abwehren sollen (vgl. Qur’an, Sure ar-Rad, Vers 22). Äußerlich mag dieses Gebot als widersprüchlich zum Prinzip der Gerechtigkeit erscheinen, das das Recht der Vergeltung für den jenigen, der ungerecht behandelt wurde, zulässt. Aber im rechtlichen und moralischen System des Islam ist dieser Widerspruch vollkommen unbegründet und beigelegt.

Die Betonung des Propheten des Islam auf Gerechtigkeit findet auf zwei Ebenen, d. h. der gesellschaftlichen und der individuellen Ebene statt. Auf der individuellen Ebene wird der einzelne Mensch angesprochen, und er wird aufgefordert, die Rechte der anderen zu berücksichtigen und die Grenzen nicht zu überschreiten. Grundsätzlich neigt und strebt jeder Mensch nach mehr, aber wenn dieses Streben nicht kontrolliert wird, resultieren daraus gesellschaftliches Chaos und Unruhe. Wenn ein Individuum für sich mehr Rechte beansprucht als er anderen zuspricht, wird er sich natürlich darum bemühen, mehr Rechte zu erlangen. Der Islam kontrolliert dieses Gefühl im Menschen von vornherein und stärkt die Absicht des Individuums, auf seine Rechte zugunsten der Rechte der anderen zu verzichten. Dies geht so-weit, dass der Prophet des Islam sagte, dass diejenigen, die das Recht der anderen über die eigenen Rechte erheben, belohnt werden: „Die Barmherzigkeit Gottes wird derjenige erlangen, der seine Grenzen und Rechte kennt und diese nicht überschreitet.“

Aber andererseits wird im Hinblick auf das Gleichgewicht im Menschen ein anderes Prinzip erwähnt, und zwar dass man darum bemüht sein muss, die Rechte der anderen nicht zu beeinträchtigen oder zu missachten; und sollte einem Unrecht widerfahren, sollte man auf eine entsprechende Vergeltung verzichten, und ganz im Gegenteil dazu Freundlichkeit walten lassen und die schlechte Tat von anderen mit Güte und einer guten Tat beantworten. Das Ergebnis die-ser großen und wichtigen moralischen Lehre ist, dass alle Menschen zu Freundlichkeit aufgerufen werden und alle Menschen lernen, dass sie auf der Basis der Freundlichkeit miteinander umgehen und förmliche rechtliche Vorschriften und Prinzipien zur Grundlage ihrer Beziehungen machen. Denn solange man selbst anderen gegenüber keine freundliche Einstellung hegt, wird man nicht in der Lage sein, seine falschen Taten und Sünden zu unterlassen, sondern weiterhin versuchen, von seinem Recht gegenüber den anderen Gebrauch zu machen. Aus diesem Grund manifestiert sich Freundlichkeit nicht nur im Verzicht, sondern in der Motivation zu guten Taten als Antwort auf schlechte Taten.

Ein anderes Ergebnis dieser großen Lehre des Propheten des Islam besteht darin, dass die Menschen davon lernen können, dass sie aufgrund ihrer eigenen Freundlichkeit gegenüber den anderen nicht die Erwartung und den Anspruch haben können, dass ihnen ihr Verhalten mit gleichem beantwortet wird. Diese Art der Freundlichkeit ist eine Freundlichkeit ohne Erwartungshaltung. Wenn ich für die Freundlichkeit, die ich anderen erweise, niemals eine Gegenleistung erwarte, wird mein Verhalten immer auf Freundlichkeit basieren und ein kontinuierliches und dauerhaftes Verhalten sein, und unfreundliche Antworten und unpassendes Verhalten von anderen wird mich von diesem Verhalten nicht abbringen.

Die Gerechtigkeit im Bereich der gesellschaftlichen Beziehungen, die der Prophet des Islam sehr betonte, steht jedoch nicht im Widerspruch zu dieser allgemeinen Freundlichkeit, denn das Missachten der Gerechtigkeit ist eine gegen die Gesellschaft gerichtete Tat. Wenn eine kriminelle Tat eines Menschen seitens der Gesellschaft unbeantwortet bleibt und der Gerechtigkeit und dem Gesetz nicht Genüge getan wird, wird dies nur Gleichgültigkeit gegenüber der Existenz der Gesellschaft zum Ausdruck bringen. Die fehlende Umsetzung von Gerechtigkeit würde diesen Straftäter in seinem Tun stärken und ihn zur Fortsetzung seines Weges ermutigen. Selbst jene Theorien, die die Bedeutung des Individuums besonders hervorheben, werden ihm nicht das Recht zugestehen, gegen gesellschaftliches Recht zu verstoßen.

In einem umfassenderen Kontext gesehen kann die Verwirklichung der Gerechtigkeit angesichts eines Verstoßes eines Menschen gegen die Rechte der Gesellschaft für dieses Individuum sehr nützlich und konstruktiv sein, weil er dadurch lernt, dass er auf seine individuellen Rechte verzichten und die gesellschaftlichen Rechte nutzen und die kollektiven Rechte seinen individuellen Rechten vorziehen kann. Dies versteht der Islam unter dem Prinzip der Gerechtigkeit, d. h. die Betonung auf die Gerechtigkeit, die es in den heiligen islamischen Schriften gibt, bezieht sich grundsätzlich auf die gesellschaftlichen Rechte. Abgesehen davon wird den Menschen empfohlen, gegenüber den anderen auf ihr Recht zu verzichten und davon abzusehen, genau wie die anderen zu reagieren.

Das Leben des Propheten Mohammad ist voll von solchen Lehren der Freundlichkeit gegenüber den anderen, des Verzichts auf sein individuelles Recht und des guten Verhaltens gegenüber denjenigen, die sich ihm gegenüber schlecht benommen haben. Eine der wichtigsten Lehren des Propheten, die wir heute in Form eines Gedichtes des großen persischen Dichters Saadi Schirazi über dem Eingang der UNO lesen können, steht, stellt ein Zeichen des Stolzes für die Muslime dar. Es lautet:

Alle Menschen unabhängig von Religion, Nationalität, Sprache und Farbe sind wie die Glieder eines Körpers. Wenn ein Körperteil Schmerzen leidet, werden auch andere Körperteile Schmerzen bekommen, und gleichermaßen wenn ein Teil der Menschheit Schmerzen und Probleme hat, werden andere Teile der menschlichen Gesellschaft mit ihm empfinden.

Die Bedeutung von Recht und Ethik in der Gesellschaft

Im Denken des heutigen Menschen und in der modernen Zeit kommt dem Recht ein besonderer Stellenwert zu, und die Betonung des Rechts ist ein wesentlicher Wert dieser Epoche in der menschlichen Gesellschaft. Die universale Deklaration der Menschenrechte in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zeigt die wichtige Bedeutung dieser Angelegenheit aus der Sicht der heutigen Welt. Und sie verdeutlicht zugleich das höchste Ziel und Ideal, das die Weltgesellschaft erstrebt. Kurz gesagt kann man feststellen, dass die Berücksichtigung der Menschenrechte das größte Ideal und Ziel der heutigen Welt ist, d. h. die Gestaltung einer vom Recht geprägten Gesellschaft. Wenn wir von Recht reden, müssen wir notwendigerweise auch von Pflichten reden, denn aus den Rechten eines jeden Menschen resultieren Pflichten, die im Hinblick auf die anderen berücksichtigt und geachtet werden müssen.

Die Gleichheit der Rechte für alle und die Erwartung, dass alle diese Rechte berücksichtigen, sind zwei Hauptelemente des Gerechtigkeitsbegriffes. Deshalb ist ein Rechtsstaat d. h. eine Gesellschaft, in der das Recht aller Gruppierungen und Schichten berücksichtigt wird, eine gerechte Gesellschaft, und zweifellos ist die Etablierung von Gerechtigkeit und die Schaffung einer solchen gerechten Gesellschaft eines der wichtigsten Ziele und einer der größten Wünsche der Menschen. Die Bildung einer solchen Gesellschaft, in der Gerechtigkeit herrscht und in der für alle gleiche Rechte gelten, ist die wichtigste Aufgabe aller göttlichen Propheten, und auch Prophet Mohammad (as) hat sich für die Fortsetzung dieser göttlichen Aufgabe engagiert. In einem ersten Schritt hat er versucht, den frevelhaften Geist und die Gier des Menschen zu Gerechtigkeit aufzurufen und hat eine gerechte Gesellschaft begründet. In diesem Sinne heißt es im Qur’an auch in aller Deutlichkeit (vgl. Sure al shura, Vers 15), dass dem Propheten geboten wurde, gerecht zwischen den Menschen zu richten.

Aber es bleibt die wichtige Frage, ob Gerechtigkeit die höchste Botschaft von Mohammad (as) ist, und ob die Grün-dung einer gesellschaftlichen Rechtsordnung sein Endziel ist? Ungeachtet der besonderen Bedeutung, die der Prophet des Islam der Gerechtigkeit und Berücksichtigung der Rechte beimaß, muss man aber mit aller Deutlichkeit sagen, dass die Erziehung eines gerechten Menschen und die Gründung einer gerechten Gesellschaft, in der das Recht berücksichtigt wird und die Menschen gerecht miteinander umgehen, und jeder dem anderen gegenüber das gleiche Recht hat, nicht das Endziel von Mohammad war. Er selbst hat in aller Deutlichkeit sein Endziel so erläutert: „Ich wurde von Gott entsandt, damit ich die Moral vervollkommne.“

Folglich sind der gerechte Mensch und die gerechte Gesellschaft nicht das letzte Ideal des Propheten des Islam, sondern sein Endziel war die Erziehung eines moralischen Menschen und einer moralischen Gesellschaft.

Das Verhältnis und der Unterschied zwischen Recht und Moral ist ein Thema, das eines ausführlichen Vortrages bedürfte, wollte man es umfassend behandeln, und wenngleich wir dies in dieser Ansprache nicht tun wollen, seien zumindest einige Unterschiede zwischen diesen beiden Begriffen in aller Kürze erwähnt. Die Kontrolle der Gier des Individuums und das Verhindern von Ungerechtigkeit und Missachtung der Rechte der anderen in der Gesellschaft sind das höchste Ziel der Gerechtigkeit und einer Rechtsordnung. Mit der Verwirklichung dieses Zieles können diejenigen, die nach Gerechtigkeit streben und Anhänger der Menschenrechte sind, ihre höchsten Ideale erreichen.

Für die Verwirklichung dieses Zieles muss zwischen den Menschen nicht notwendigerweise Freundlichkeit und Liebe herrschen, sondern man kann von den Menschen verlangen, dass sie die Gesetze und Prinzipien die ihre Rechte schützen, wahrnehmen und als verbindlich ansehen, auch wenn die Beziehung zwischen ihnen selbst eher kühl und teilnahmslos ist. Ein gerechter Mensch muss nicht unbedingt ein freundliches Gesicht und einen freundlichen Umgang haben. Das Recht und die Gerechtigkeit verlangen jedoch, dass ein Bürger dem Gesetz und den Prinzipien treu ergeben und dass er letztlich ein gerechter Mensch ist. Aber es wird diesem Bürger nicht befohlen, wenn er in seiner Nachbar-schaft oder in der Straße, in der er lebt, oder auch außerhalb des Landes, in einem anderen Teil der Welt, einem bedürftigen Mensch begegnet, diesem zu helfen und ihn zu unterstützen.

Der gerechte Mensch erwartet, dass ihm sein Recht in der vereinbarten Zeit zugestanden wird, und wenn das nicht der Fall ist, sieht er sich berechtigt, den anderen anzuklagen und ihn verurteilen zu lassen, ohne dass er es zuvor als not-wendig ansieht, zu überprüfen, ob der andere die Möglichkeit hat oder nicht, ihm sein Recht zuzugestehen, und auch wenn er damit den Frieden dieser Familie stört. Gerechtigkeit und Recht gebieten in einem solchen Falle nur, dass die Zahlung das Recht des Anspruchstellers und die Pflicht des Schuldners ist, auch wenn Kläger und Schuldner Vater und Sohn sein sollten. Wenn aber der Kläger seinen Möglichkeiten entsprechend die Probleme und Unfähigkeit des Schuldners zur Zahlung berücksichtigt, auch wenn der Kläger ein vermögender Mensch und der Schuldner ein armer Mensch ist, und er als Kläger auf sein Recht verzichtet, dann ist das dennoch kein Element, das vom Recht und dem Gerechtigkeitsprinzip geboten wird.

Die Moralität hingegen berücksichtigt vor allem die Aspekte, die auf Recht und Gerechtigkeit ausgerichtet sind und wird das Recht und die Gerechtigkeit niemals verneinen. Die Moralität lehrt, dass es sehr angesehen und wertvoll ist, die Rechte der anderen zu berücksichtigen und seine eigenen Rechte einzufordern, dass es aber noch schöner und angesehener ist, wenn man zum Vorteil der anderen darauf verzichtet. Folglich sind Verzeihen und Freigebigkeit moralische und keine rechtlichen Prinzipien.

Die Gerechtigkeit basiert auf der Berücksichtigung der Rechte der anderen. Ein gerechter Mensch wird das Recht der anderen nicht missachten und ungerecht werden, und er wird den anderen nicht mehr zugestehen, als es deren Recht entspricht. Aber die Moralität basiert auf Liebe, Freundlichkeit und Freundschaft gegenüber den anderen und nimmt folglich Einfluss auf das Einfordern von Rechten. Das Recht sagt, dass man die Möglichkeit hat, unter Berücksichtigung von Achtung und Höflichkeit sein Recht einzufordern. Aber die Moralität sagt: Wenn man sein Recht einfordert, soll man nicht nur die Achtung und Höflichkeit wahren, sondern darüber hinaus auch die psychische und physische Situation des anderen berücksichtigen. Deshalb ist jeder moralische Mensch zugleich auch ein gerechter und dem Recht verpflichteter Mensch. Aber umgekehrt muss nicht jeder gerechte und dem Recht verpflichtete Mensch auch ein moralischer Mensch sein. So gesehen wird die Ethik das Recht nicht nur nicht verneinen, sondern den Menschen vielmehr bereichern und auf eine höhere Ebene führen. Vielleicht ist es zutreffender, wenn wir sagen, dass Gerechtigkeit und Ethik auf Recht basieren.

Aber das Recht, das die Moralität betont, geht über das Recht, das die Gerechtigkeit betont, hinaus. Der moralische Mensch beweist mit dem Blick der Liebe und Freundlichkeit den anderen ein ungeschriebenes Recht, das im Buch des Gesetzes und der Gerechtigkeit selbst nicht unbedingt berücksichtigt werden muss. Die Freigebigkeit der Mutter gegenüber ihrem Kind resultiert nicht aus einer rechtlichen Pflicht, sondern weil die Mutter ihr Kind liebt, wird sie diese Freigebigkeit für sich als notwendig ansehen und sich verpflichtet fühlen, dem Kind gegenüber freigiebig zu sein. Wenn sich diese Sichtweise allgemein unter den Menschen verbreitet, werden die Menschen einfach und problemlos auf ihr Recht verzichten, und das ist die eigentliche und wesentliche Botschaft Mohammads für die Menschheit. Mohammad sagt, dass alle Menschen gleiche Rechte haben, egal welche Glaubensrichtung, Farbe und Rasse sie haben, und dass jede Ungerechtigkeit zwischen den Menschen verurteilt wird. In einer schönen und genauen Erklärung und Interpretation hat er diese Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz mit einem Kamm verglichen, der gleiche Zähne hat. Auch im Qur’an wird oft betont, dass die Menschen von einem wertvollen Wesen erschaffen wurden und kein Mensch aufgrund seiner Rasse, Farbe, Sprache oder Nationalität mehr Rechte und Vorteile gegenüber den anderen ge-nießt (vgl. Sure an-Nisa’, Vers 1, Sure az-Zumar, Vers 6 oder Sure al-hucurat, Vers 13). Mohammad hat jegliche Art von Rassismus negiert und gleiche Rechte für alle Menschen jeder Rasse, Sprache und Religion betont: „O Leute, ihr sollt wissen, dass Gott einer ist, und dass euer Vater einer ist. Deshalb soll euch bewusst sein, dass keine Rasse gegen-über einer anderen Rasse, kein Araber gegenüber einem Nichtaraber, kein Nichtaraber gegenüber einem Araber, kein Schwarzer gegenüber einem Weißen und kein Weißer gegenüber einem Schwarzen einen Vorzug hat.“

Der Qur’an erwähnt, dass die Menschen aus einer einzigen Substanz geschaffen wurden, und das beweist nicht nur die Gleichheit der Menschen und ihren Anspruch auf die gleichen Rechte, sondern darüber hinaus wird damit auch das Gefühl der Gemeinsamkeit und des Verständnisses zwischen den Menschen erwähnt. Dieses Gefühl der Gemeinsamkeit und Freundschaft ist ursächlich für die Freundlichkeit und Liebe der Menschen zueinander. Mohammad hat dieses Ge-fühl der Gemeinsamkeit in einem klaren Bild verdeutlicht, wonach die Menschen wie die Glieder eines Körpers sind, der leidet, wenn eines seiner Glieder Schmerzen hat. Deshalb ist in der Logik von Mohammad die Beachtung des Rechts und der Gerechtigkeit in den Beziehungen der Menschen zueinander nicht das Ende dieses Weges, sondern Recht und Gerechtigkeit bilden die Brücke, über die man zu der Gesellschaft gelangt, in der es keine Feindschaft und Gewalt gibt, sondern wo Liebe und Freundlichkeit herrschen. Die moralische Gesellschaft, in der die Beziehung zwischen den Menschen nicht auf trockenen Pflichten und offiziellen Rechten, sondern auf Freundlichkeit und Nächsten-liebe basiert, ist eine Gesellschaft, in der die Menschen das Erreichen von mehr Vorteilen nicht als ein Zeichen des Erfolges ansehen, sondern die Hilfe für die anderen, der Verzicht auf eigene Rechte und das Engagement für einen größeren Nutzen für die anderen als Zeichen des Erfolges und der Glückseligkeit gelten. Mohammad hat sehr viel von Frieden gesprochen, und der Qur’an sagt mit aller Deutlichkeit, dass Frieden besser ist als jede andere Sache. Das ist eine besondere Beschreibung im Qur’an, der sich über kein anderes Thema so deutlich geäußert hat. Man muss wissen, dass ein Frieden, von dem der Qur’an spricht und den der Prophet des Islam als großer moralische Lehrer seine Anhänger lehrt, mehr Bedeutung impliziert als Frieden im rechtlichen Sinne. Frieden im rechtlichen Sinne steht Krieg und Feindschaft gegenüber; ein solcher Frieden, der auf die beste und vollkommenste Weise verwirklicht wird, dient der Bewahrung von Gerechtigkeit, d. h. er spricht beiden Parteien ihr gesetzliches Recht zu. Also wird der Friede mit dieser Bedeutung nie über die Gerechtigkeit gestellt.

Aber der moralische Frieden, d. h. Freigebigkeit und Verzicht auf das eigene Recht zum Vorteil der anderen geht weit über den rechtlichen Frieden hinaus. Moralischer Frieden ist ein freigiebiger Frieden, aber der rechtliche Frieden ist ein gerechter Frieden, und der Qur’an lädt die Menschen im Bereich der individuellen Rechte zu einem moralischen Frieden ein. Abschließend gesagt ist in der Ergänzung, Vorstellung, Lehre und Verbreitung von schönen moralischen Werten und Eigenschaften unter den Menschen das wichtigste Ziel und die wichtigste Aufgabe von Mohammad zu sehen.

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